Doch haben diese heute noch eine Daseinsberechtigung? Werden sie noch gelebt oder sind sie ein aussterbendes Modell, das nur noch auf dem Papier oder auf Hinweistafeln am Ortseingang Bestand hat? Die RZ ist dieser Frage nachgegangen und hat fast ausschließlich die Antwort bekommen: Die Partnerschaften und Freundschaften zum Ausland sind im Kreis Altenkirchen gelebte Realität und lebendiger denn je.
Führend, was Partnerstädte anbelangt, ist die Stadt Wissen. Drei lebendige Partnerschaften pflegen die Wissener: Die älteste ist die mit der französischen Stadt Chagny, die seit 1968 besteht. 1983 wurde dann offiziell noch eine Partnerschaft zu Letchworth Garden City in Großbritannien ins Leben gerufen, im Jahr 2000 folgte dazu Krapkowice in Polen – eine Stadt, deren gleichnamiger Landkreis zudem eine Partnerschaft mit dem Kreis Altenkirchen unterhält. „Es gibt jedes Jahr Besuche, immer abwechselnd", sagt Klaus Becher vom Wissener Rathaus. Auf Bürgerebene unterstützt seit mehr als 40 Jahren der Internationale Club Wissen die Städtepartnerschaften. Weitere Gruppen wie der Freundschaftsverein pflegen enge Kontakte (etwa zu Karneval), und ein reger Schüleraustausch zwischen Gymnasium, Realschule plus und Partnerschulen in den jeweiligen Städten sorgt stets für Nachwuchs. Für das Engagement im Bereich der Städtepartnerschaften wurde Wissen schon mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Ehrenfahne des Europarates.
Auch die Verbandsgemeinde Altenkirchen ist schon 1971 eine Städtepartnerschaft mit dem französischen Tarbes eingegangen, seit 1997 verbandelte man sich zudem mit der polnischen Stadt Olszanka. Auch diese beiden Städte-Ehen seien sehr lebendig und würden gut gepflegt, heißt es aus dem Altenkirchener Rathaus. Vor allem der Schüleraustausch funktioniert gut, einmal im Jahr kommen zuerst französische Schüler nach Altenkirchen, kurz darauf findet der Gegenbesuch Stadt. Auch die Bürgermeister besuchen sich regelmäßig. Die Partnerschaft mit Olszanka hat sich ebenfalls gut etabliert, vor allem die Feuerwehren und Schulen unterhalten enge Freundschaften.
Als „sehr intensiv" beschreibt auch Ulrike Röttgen vom Betzdorfer Rathaus die Partnerschaften zu Decize in Frankreich und Ross-on-Wye in Großbritannien. Mit der Unterschrift unter der Partnerschaftsurkunde 1965 in Decize wurde gleichsam auch eine der ältesten freundschaftlichen Bande im Kreis zum französischen Nachbarn geknüpft. Die Bande zum britischen Nachbarn bestehen seit 1981. Neben regelmäßigen Besuchen offizieller Delegationen aus den jeweiligen Rathäusern lebt die Partnerschaft vom regen Schüleraustausch und freundschaftlichen Banden einzelner Vereine. Der eigens gegründete Partnerschaftsverein unterstützt die Bemühungen. Die Verbandsgemeinde Betzdorf unterhält zudem noch eine Städtefreundschaft mit dem türkischen Denizli.
Das städtepartnerschaftliche Silberjubiläum feierte man kürzlich auch in Daaden und im französischen Fontenay-le-Fleury. Die Partnerschaft besteht seit 1987 und „wächst und gedeiht", wie Bürgermeister Wolfgang Schneider nicht ohne Stolz berichtet. Diese sehr enge Verbindung ist auf eine Freundschaft örtlicher Vereine zurückzuführen und lebt auch heute noch davon, wie etwa vom Engagement des Daadener Turnvereins, des Schachclubs oder des Tennisvereins. Neben dem Schulaustausch gibt es Hilfen für junge Berufseinsteiger, die Auslandserfahrung suchen – auf beiden Seiten. Dazu besuchen sich die Daadener und ihre französischen Partner jährlich zu Freundschaftstreffen.
Auf die Bemühungen eines Vereins ist auch die Partnerschaft zwischen Herdorf und St. Laurent du Pont zustande gekommen. Auf Initiative von Alfons Mockenhaupt und des DJK wurden erste Kontakte schon 1967 geknüpft, seit 1982 besteht eine offizielle Partnerschaft. Alle zwei Jahre besucht man sich, auch offizielle Delegationen der Städte sind manchmal dabei, die Freundschaft beruht aber immer noch auf dem Engagement der Vereinsmitglieder des DJK, wie Vorsitzender Michael Stark bestätigt.
Bestand hat auch die Freundschaft zwischen der Ortsgemeinde Hamm und Roissy en France. 1980 wurden die offiziellen Verträge unterzeichnet, bis heute würde diese Freundschaft „wirklich gelebt", wie Ortsbürgermeister Bernd Niederhausen bekräftigt. „Die Partnerschaft hat große Früchte getragen", sagt er. An Pfingsten wird der Beweis für diese Aussage wieder mit zwei prall gefüllten Bussen aus Roissy nach Hamm rollen, der Gegenbesuch lässt nicht lange auf sich warten. Auch ein Schüleraustausch mit der IGS Hamm und einer französischen Partnerschule besteht, ebenso Vereinsfreundschaften und Praktika für junge Menschen auf beiden Seiten. „Wir wollen das auf menschlicher und freundschaftlicher Ebene auch in Zukunft so weiterführen. Die Vergangenheit spielt dabei überhaupt keine Rolle mehr, die vergisst man, es gibt sie gar nicht mehr. Wir leben in der Gegenwart und der Zukunft", bringt es Niederhausen auf den Punkt. Sonja Roos