Kreis Altenkirchen - Nach dem 125. Todestag in diesem Jahr steht 2018 ein noch bedeutenderer Gedenktag für Friedrich Wilhelm Raiffeisen an: sein 200. Geburtstag. Am 30. März 1818 wurde er in Hamm geboren. Eine Sonderbriefmarke soll zu diesem Anlass erscheinen, darüber sind sich alle Raiffeisen-Freunde einig, nicht jedoch über das Motiv und den Weg dorthin.
„Amalie muss ebenfalls abgebildet werden." Ein Plädoyer für die Tochter Raiffeisens hält Hans-Georg Holzhauer. Der Vorsitzende des Vereins Westerwälder Fachwerk, gebürtiger Kircheiber, fühlt sich nicht nur der traditionellen Bauweise verpflichtet, sondern ist auch ein Verehrer Raiffeisens. Er verband beide Anliegen, indem er sämtliche Fachwerkhäuser entlang der Raiffeisenstraße dokumentierte und sich für den Erhalt vom Verfall bedrohter Anwesen einsetzt.Doch so sehr er Friedrich Wilhelm Raiffeisen schätzt, will er auch die Leistung der Tochter gewürdigt sehen: „Amalie Raiffeisen war in den letzten zwölf Lebensjahren ihres Vater unentbehrlich für sein Werk." Holzhauer hat daher nach Fotos aus dem Kreisarchiv ein Doppelporträt malen lassen. Es soll als Vorlage für die angestrebte Briefmarke dienen.Beim Festakt zum 125. Todestag des Genossenschaftsgründers auf Schloss Montabaur Anfang Mai hat Hans-Georg Holzhauer eine diesbezügliche Petition an Bundestagspräsident Norbert Lammert übergeben. Er hofft, dass dieser die „Mission Doppelporträt" unterstützt.Eine Sonderbriefmarke zum 200. Geburtstag: Dieses Anliegen hat auch die Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft. „Die Spitzen aller Raiffeisenorganisationen werden einen Antrag auf eine Sonderbriefmarke stellen", so informiert Josef Zolk, Bürgermeister von Flammersfeld und Vorstandsmitglied der DFWRG. Von Amalie soll darin aber keine Rede sein – unter anderem, weil man auf das Motiv der Marke gar keinen Einfluss nehmen könne.Laut Zolk geht die Anregung ans Bundesfinanzministerium, das – bei Zustimmung – spezialisierte Künstler auffordert, Entwürfe einzureichen. Eine besondere Kommission des Ministeriums wähle aus den Vorschlägen aus. „Für die 1988er-Briefmarke gab es sieben oder acht Entwürfe", weiß Zolk.Doch auch inhaltlich hat er seine Zweifel, ob das Bildnis der Amalie Raiffeisen auf eine solche Marke gehört. „Sie hat ihn wahnsinnig unterstützt, das stimmt, aber das ist nicht dieselbe Qualität. Wir bilden ja auch nicht Goethe mit einem verdienten Assistenten ab."Hans-Georg Holzhauer, der sich bei der Gedenkfeier in Montabaur „allein unter Schlipsträgern" fühlte und verwundert war über diese fast blütenreine Männergesellschaft, sieht noch eine andere Gelegenheit, an Amalie Raiffeisen zu erinnern. In dem Brief, den er dem Bundestagspräsidenten übergab, sowie einem Schreiben an die Raiffeisengesellschaft steht der Vorschlag, am Grabe der Familie Raiffeisen in Neuwied-Heddesdorf Schilder mit Erklärungen anzubringen und zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. „Die Frakturschrift auf dem Grabstein können Ausländer nicht lesen. So passiert es, dass Japaner vor dem Grab Raiffeisens stehen und dich fragen, wo das ist", hat er erlebt.Ob Amalie Raiffeisen diese Art der Würdigung erfährt – bislang findet sie in Wikipedia nicht einmal Erwähnung, geschweige denn, dass sie einen eigenen Eintrag hätte –, steht dahin. Fest steht aber, dass sie dem in die Jahre gekommenen, von schwerer Krankheit gezeichneten und erblindeten Vater die Augen und die Schreibhand ersetzte. Wie man sagt, nicht freiwillig: Friedrich Wilhelm Raiffeisen soll seiner Tochter das Heiraten und damit das Verlassen des Vaterhauses verboten haben. Silvia Patt