Ruckzuck sollte er einen Antrag an die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) stellen, und wenn er auch noch in diesem Jahr eine Eingangsbestätigung erhält, dann darf er mit Unterstützung des Landes bis Ende 2014 seine geplante Investition tätigen. Ob es auch künftig Landeszuschüsse für Vorhaben der kleinen und mittleren Unternehmen gibt, steht in den Sternen, wie Landrat Michael Lieber gestern im Rahmen einer Pressekonferenz berichtete. Dass sich das Land trotz mehrmaliger Anfragen immer noch nicht über die Zukunft des regionalen Förderprogramms geäußert hat, bedauert Lieber sehr. „Es ist wichtig, dass dieser Investitionsanreiz bleibt", unterstrich der Landrat bei einem Besuch der Firma SHT Steib in Wissen.
Genau dort, an der Walzwerkstraße 7, lässt sich begutachten, wie gut Landeszuschüsse angelegt werden können. Dieter Steib und sein Sohn Michael konnten durch die Förderung – maximal gibt es 15 Prozent vom Land – in den Bau einer neuen Fertigungshalle und in den Kauf einer modernen Verzahnungsmaschine investieren. Und weil der Zuschuss auch an die Schaffung neuer Arbeitsplätze gebunden ist, arbeiten beim Hersteller leistungsstarker Präzisions-Schraubwerkzeuge mittlerweile neben den beiden Inhabern nicht mehr nur zwei, sondern jetzt vier Beschäftigte.
Ähnliches kann Andreas Schmidt, Geschäftsführer der Kurt Schmidt GmbH aus Kirchen-Wehbach, berichten. Das Unternehmen, das sich auf CNC-Zerspanungstechnik spezialisiert hat, kam schon zweimal in den Genuss der Landesförderung. 2007 investierte Schmidt in zwei Werkzeugmaschinen, 2011 erweiterte er die Produktionshalle und baute die Automation im Werk aus. Auch die Kirchener Firma hat ihren Personalstamm erweitert – und dabei einen weiteren Anreiz, den das Programm bietet, genutzt: Da Auszubildende in der Förderbilanz doppelt zählen, ist Andreas Schmidt erstmals in die Ausbildung eingestiegen. „Das hatte ich zuvor gar nicht auf dem Schirm", räumte er ein. Umso elanvoller widmet er sich mittlerweile der Ausbildung von Nachwuchskräften: Vier Azubis beschäftigt die Kurt Schmidt GmbH inzwischen. Wie entscheidend es sein kann, den eigenen Nachwuchs auszubilden, das spürt Andreas Schmidt gerade hautnah: Seit sechs Wochen sucht er per Zeitungsanzeigen weitere Fachkräfte. „Es ist eine Katastrophe", erklärt der Geschäftsführer.
Inzwischen liegt ihm eine einzige Bewerbung vor. In den Augen von Landrat Michael Lieber belegen die beiden Beispiele, wie wichtig eine Fortsetzung des Landesprogramms ist. Der damalige Ministerpräsident Kurt Beck hatte den Kreis Altenkirchen 2008 in das Förderprogramm aufgenommen, weil nicht zuletzt die Prognos-Studie belegt hatte, welche Nachteile der Raum Westerwald/Sieg zu verkraften hat. Von den meisten Orten im Landkreis aus muss man eine halbe Stunde fahren, um die nächste Autobahnauffahrt zu erreichen. „Und an der schlechten Infrastruktur hat sich seitdem sichtbar nichts geändert. Es gibt nur Absichtserklärungen und Planungen", so Lieber. Da der Kreis Altenkirchen infrastrukturelle Nachteile aufweist, ist es nach den Worten von Rainer Buttstedt, Bürgermeister der VG Hamm, so wichtig, Investitionsanreize zu bieten. Insgesamt sind in den vergangenen fünf Jahren 85 Fälle im Kreis mit insgesamt 11 Millionen Euro gefördert worden. Diese haben Investitionen in Höhe von rund 100 Millionen Euro ausgelöst. Geld, so Buttstedt, das auch in der Region bleibt. Dem konnte Michael Wagener als Bürgermeister der VG Wissen nur zustimmen: „Die Hilfe des Landes lohnt sich, wie man hier sieht." Buttstedt hat daher gemeinsam mit den anderen Bürgermeistern aus dem Kreis einen Appell an die Landesregierung gerichtet, eine weitere Förderperiode zu genehmigen.
Die Rückmeldung aus Mainz bezeichnete Oliver Schrei, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises, zurückhaltend als „unkonkret". Das Wirtschaftsministerium habe darauf verwiesen, dass Entwicklungen auf Ebene der Europäischen Union Auswirkungen auf die Landesförderung hätten. Die Mittel stammen weitgehend aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, der Ende 2013 ausläuft. Marcelo Peerenboom