Was andere als „Öko-Diktatur" brandmarken, ist an der Christophorus-Schule in Betzdorf-Bruche längst gelebte Realität, wie im Rahmen eines Erfahrungsaustausches mit anderen Schulen betont wurde. Mehr noch: An drei Tagen pro Woche versuchen Meice und Wolfgang Bayer vom benachbarten Gasthaus Bayer, den Grundschülern fleischlose Gerichte anzubieten.
Bärbel Euler vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Montabaur hört das gerne. Die Ernährungsberaterin wirbt dafür, dem Beispiel zu folgen und hätte ihre Tipps gerne einem noch größeren Kreis erläutert. Doch auf 64 Einladungen an sämtliche Schulen im Kreis Altenkirchen, Schulträger und Elternsprecher reagierten nur wenige: gerade einmal 16 Teilnehmer kamen. Dabei ist doch die Ernährung der Kinder so wichtig, findet Bärbel Euler, die auch individuelle Beratung vor Ort anbietet und dann Speisepläne auswertet.
Dabei stellt sie immer wieder fest, dass viel zu oft Schnitzel, Frikadellen & Co. auf den Tellern landen und erschreckend oft überhaupt gar keine Vollkorngerichte. Die Fachfrau möchte dabei nicht missionieren oder die Auswahl einschränken: „Wir wollen den Genuss erweitern und sensibel machen, auch Lust machen auf abwechslungsreiches Essen." Das ist ganz im Sinne von Bürgermeister Bernd Brato aus Betzdorf: „Das Thema gewinnt an Bedeutung. Die Essensgewohnheiten in den Familien haben sich auch stark verändert."
Gerichte ohne Fleisch an den Mann beziehungsweise das Kind zu bringen, ist dabei gar nicht so einfach. Wie Schulleiterin Ute Mülling berichtet, kennen viele Kinder die unterschiedlichen Gemüsesorten gar nicht. Sogar Blumenkohl sehen manche in der Schulmensa zum ersten Mal in ihrem Leben. Andere Probleme schildert Meice Bayer als Köchin. Gerne würde sie zum Beispiel Vollkornnudeln servieren. Doch die werden, in großen Mengen gekocht, viel zu schnell zu einem großen Klumpen. Vor ein paar Tagen kamen Paprikaschoten, gefüllt mit Hirse und belegt mit einer Auberginenscheibe sowie überbacken mit Mozzarella, auf die Teller. Einigen hat's geschmeckt, andere haben die Nase gerümpft.
„Der Veggie-Day ist eine Empfehlung", unterstreicht Ernährungsberaterin Bärbel Euler. „Wir stehen nicht mit erhobenem Zeigefinger da. Es geht uns um überlegten Fleischkonsum." Die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung lautet: Kinder sollten 350 Gramm Fleisch pro Woche essen, 75 Gramm Fisch und zwei Eier. Der Rest sollte aus Obst, Gemüse, Milch und Vollkornprodukten bestehen. Das ist natürlich in einer Schulmensa nicht zum Schnäppchenpreis zu realisieren. Und deshalb verlangt die Christophorus-Schule in Betzdorf seit diesem Schuljahr auch mehr Geld: 4 Euro pro Essen müssen die Eltern zahlen; auch das reicht nicht, um die Kosten zu decken – den Rest übernimmt die Verbandsgemeinde als Schulträger. Ganz ohne den Druck der Grünen. Marcelo Peerenboom