Als CDU-Bundestagsabgeordneter hat man es nicht immer leicht bei Betriebsräten, Gewerkschaftern und engagierten Metallern. Diese Erfahrung konnte gestern Abend Erwin Rüddel bei einer Podiumsdiskussion machen, zu der die IG Metall-Verwaltungsstelle Betzdorf in das Foyer der Stadthalle eingeladen hatte. Mehrfach wurden Rüddels Aussagen mit höhnischem Gelächter quittiert, während die Vertreter der SPD, der Grünen und der Linken Beifall erhielten.Das Thema Gerechtigkeit zog sich wie ein roter Faden durch den von Caritas-Geschäftsführer Rudolf Düber moderierten Abend. Besonders die Themen Mindestlohn, Renten und Werkverträge lösten bei den rund 120 Zuhörern teils heftige Reaktionen aus. Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) gab offen zu, dass die von ihrer Partei mit beschlossene Rente mit 67 „eine Zumutung" und falsch sei. Man wolle sie so lange aussetzen, bis der Arbeitsmarkt überhaupt Stellen für ältere Arbeitnehmer hergibt. Außerdem setzte sie sich dafür ein, dass derjenige, der 45 Jahre gearbeitet hat, mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen darf. Ihr Kontrahent Erwin Rüddel nannte ebenfalls 45 Beitragsjahre, bezog dies aber auf seine Aussage, dass man dann von der Rente leben können müsse und nicht von Grundsicherung. In dieses Konzept gehöre auch die Rente für alle Mütter, die vor 1992 ein Kind bekommen haben.
Jochen Bülow (Linke) machte sich beim Thema Rente dafür stark, die Zahl der Beitragszahler zu erhöhen. „Wir hatten mal eine solidarisch finanzierte Rente. Dahin müssen wir wieder kommen", betonte er. Anna Neuhof, die die verreiste Grünen-Kandidatin Elisabeth Bröskamp vertrat, wurde nicht explizit zum Thema Rente befragt. Sie beklagte, dass es zwar mehr Arbeitsplätze gibt, dass es sich bei diesen oft um prekäre Arbeitsverhältnisse handelt – also um solche, die befristet sind, gering entlohnt oder nur in Teilzeit ausgeübt werden. Neuhof: „Die Wirtschaft ist aus den Fugen geraten."
Claif Schminke, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall in Betzdorf, hielt gestern Abend mehrere leidenschaftliche Plädoyers für gerechte Bezahlung und das Ende des Missbrauchs der diversen Möglichkeiten, die der Gesetzgeber geschaffen hat. Besonders übel ist ihm dabei aufgestoßen, dass immer mehr Firmen die Möglichkeit der Werkverträge nutzen, um Kosten zu sparen. Schminke: „Hier sitzt das Elend vor der Haustür. Das muss bestraft werden." Claif Schminke nutzte die Gelegenheit, um zu erklären, warum FDP-Kandidatin Sandra Weeser nicht eingeladen wurde: „Solidarität ist für uns nicht verhandelbar. Deshalb sitzt die FDP nicht mit am Tisch." (mp)